Erste Schritte

Okay, das Ding schien zu funktionieren. Es gab noch haufenweise Lichtlecks, der Klapphocker als Stativ machte die Bildkomposition zur Glückssache und die Montierung der Kamera war labberig, aber hey: Es machte Bilder! Also erstmal eine Runde an die frische Luft und getestet, was ein 360mm 4,5 mit Cropfaktor 0,15 so kann:

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Personen freistellen ist schonmal kein Problem…
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…Probieren wir also etwas größeres. Jupp, geht auch.
OLYMPUS DIGITAL CAMERA
Nein, das ist kein Modellflugzeug… 😉

Bleibt noch die Frage nach der Auflösung. Hier mal ein 1:1 Ausschnitt, wohlgemerkt bei Offenblende (des Tessars) und noch ohne Optimierungen des Kameragehäuses:

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

 

 

Eine digitale Großformatkamera entsteht

Vereinfacht gesagt besteht meine Kamera aus zwei ineinander verschiebbaren Boxen. Die kleinere der beiden Boxen trägt die Mattscheibe und die Digitalkamera, die diese abfilmt. Die größere Box ist praktisch ein überdimensionales Vierkantprofil, in dem die Mattscheibenbox hin und hergeschoben werden kann. Am vorderen Ende der großen Box wird das Objektiv befestigt. Durch das verschieben der Mattscheibenbox fokussiert man auf das gewünschte Motiv.

dilafo-skizze

Als Boxmaterial habe ich Holzfaserplatten gewählt. Sie sind günstig, gut zu bearbeiten und werden in jedem Baumarkt auf millimetergenaue Wunschmaße zugeschnitten. Um Gewicht zu sparen, entschied ich mich für 5 mm starkes Material.

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Rückblickend betrachtet würde ich heute aus Gewichtsgründen vielleicht eher Kunststoffplatten wählen, in jedem Fall aber höhere Wandstärken, um mehr Stabilität zu bekommen.

Die Innenseiten der Mattscheibenbox habe ich geschwärzt. Die zufällig noch im Haus befindliche Acrylfarbe aus dem Bastelbedarf erwies sich hier als Glücksgriff: gut haftend auch auf blankem Untergrund, schnell trocknend, matt und gut deckend. Und auch noch praktisch geruchsfrei.

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Nach dem trocknen wurden die Platten dann zusammengefügt und die Mattscheibe eingesetzt:

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Unerwarteterweise war das zeitaufwändigste am Bau der Kamera die Herstellung passender Lensboards für die Objektive. Die vorhandenen Flanschbohrungen liegen sehr eng am Objektivtubus an, so dass die Löcher in den Lensboards sehr rund und sehr exakt sein müssen. Selbst die Möbelschreinerei, an die ich diese Aufgabe ausgelagert habe, hatte ihre Probleme damit. Schlussendlich hatte ich aber für jedes Objektiv den passenden Halter:

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Warum die Platte rechts unten drei Bohrungen hat, verrate ich in einem späteren Blogpost.

Der Rest war ein wenig kleben, hämmern und schrauben, fertig war die DiLaFo 1:

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Hier nochmal Mattscheiben- und Fokusbox nebeneinander:

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Nicht nötig zu erwähnen, dass ich sehr gespannt war, ob meine Idee denn wohl funktionieren würde oder ob die ganze Bastelei vielleicht völlig umsonst war. Glücklicherweise erwies sich diese Sorge als unbegründet, wie das erste Testbild zeigte:

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Bei den schwarzen Klecksen handelt es sich übrigens um Späne, die beim Bohren der Löcher für den Haltewinkel der Digitalkamera auf die Mattscheibe gerieselt sind. Wie ich schrieb: Ich hatte es sehr eilig, meine Kamera zu testen. 😉

Mehr Licht!

Durch einen glücklichen Zufall wurden meine Kamerabaupläne schließlich wieder aus ihrem Dornröschenschlaf gerissen: Die Dokumentationsabteilung meiner Firma vermachte mir das alte, teilweise historische Fotoequipment der Abteilung. Im wesentlichen war das eine komplette Mittelformatausrüstung um die Pentacon Six:

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Daneben aber auch zwei gigantische Glasbrocken: Ein Carl Zeiss Jena Tessar 360mm 4.5 und ein kaum handlicheres Tessar 250mm 4.5:

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Früher waren sie wohl mal an einer Mentor-Fachkamera im Einsatz gewesen. Bis auf die Objektive hat leider nichts davon überdauert. Allein die schiere Größe reizte mich, etwas damit anzufangen. Hier noch mal zum Größenvergleich ein aktuelles M.Zuiko 17.. 1.8 daneben:

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Leider ist aber auch heute noch alles, was unter dem Label „Großformat“ läuft, teuer bis zur Unerschwinglichkeit. Selbst für eine abgenudelte Mentor-Kamera mit leidlich lichtdichtem Balgen werden selten unter 400 € aufgerufen. Was 5×7 oder gar 8×10-Filme kosten, verdrängt man lieber und den ganzen analogen Arbeitsaufwand hat man dann auch noch an der Hacke.

Dann wurde mir aber klar, dass ich eine viel einfachere und billigere Lösung bereits nahezu fertig in der Schublade liegen hatte: Das Projektionsprinzip meiner Weitwinkellochkamera ließ sich ja problemlos auf alle möglichen Arten von Objektiven übertragen. Und die von mir vorgesehene Mattscheibe hatte mit einer Kantenlänge von 210 mm relativ genau die Dimensionen eines 8×10″-Films, wäre also hervorragend für die beiden Zeiss-Brocken geeignet. Die einzige Herausforderung bestand darin, dass der Abstand zwischen Mattscheibe und Objektiv jetzt variierbar sein musste, um fokussieren zu können.

Gesagt, geplant:

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Nach einigem Hin und Herplanen hatte ich das Funktionsprinzip soweit vereinfacht, dass es meinen handwerklichen Fähigkeiten und dem Sortiment des örtlichen Baumarktes entsprach. Das Ergebnis würde nicht schön werden, aber funktionieren. Mehr dazu dann in einem folgenden Blogpost.

Die perfekte Mattscheibe

Nachdem ich das Problem der Ausleuchtung für mich zufriedenstellend gelöst hatte, widmete ich mich der Auflösung. Ich hatte von meinem freundlichen Glaser mattierte Scheiben in drei verschiedene Qualitäten bekommen. Aber selbst bei der feinsten war die „Körnung“ der aufgerauten Oberfläche noch deutlich erkennbar. Zumindest dachte ich das damals. Rückblickend betrachtet sehe ich hier eher Artefakte aus der Überlagerung des Punktrasters meines Folienfilters und Aberrationen von der Fresnel-Linse.

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Jedenfalls war das der Anlass, mich auf die Suche nach der PERFEKTEN Mattscheibe mit dem idealen Streuverhalten und der besten Auflösung zu machen.

Auch hier musste ich feststellen: Den Kopf hat sich schon früher jemand gemacht. In diesem Fall Hobbyfilmer, die ihre Schmalfilme digitalisieren wollten. Dazu nutzen sie im Wesentlichen das gleiche Prinzip wie ich mit meiner Kiste: Sie projiziieren den Film auf eine Mattscheibe, deren Rückseite sie digital abfilmen:

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Diversen Erfahrungsberichten zufolge ist das Beste, was es für diesen Zweck zu kaufen gibt, eine Mattscheibe namens Glasscreen. Der Clou hieran: Die Mattscheibe besteht aus einer Paraffinschicht, die blasenfrei zwischen zwei dünne Glasscheiben gezogen wurde. Dadurch entsteht eine deutlich feinere Streuung als bei geschliffenen Mattscheiben. Soweit die Vorteile. Nachteile gibts natürlich auch: Zum einen ist man in der Größe limitiert: Die größte Variante des Glasscreens ist ein Quadrat von 210 mm Kantenlänge. Zum anderen ist es mit ca. 70 € nicht gerade die billigste Variante.

Theoretisch könnte man sich natürlich mit einer Glasscheibe, etwas Kerzenwachs und einem extrem waagerecht stehenden Backofen seinen eigenen Glasscreen backen. Ich persönlich hatte allerdings zuviel Schiss, dabei versehentlich das Haus abzufackeln.